Wie ein Laufsteg verbindet der Hauptkamm der Karnischen Alpen die Dolomiten mit den Julischen Alpen. Geologisch hochinteressant ist sein Zentralbereich zwischen dem Nassfeld und der Hohen Warte.
Geradhörner aus Gondwanaland
Die Karbonatgesteine rund um die Hohen Warte, dem mit 2780 Meter höchsten Gipfel der Gebirgsgruppe, entstanden in einem Meer, das sich vor 450 bis 320 Millionen Jahren am Nordrand von Gondwana ausgebreitet hat. Im Devon (vor 416 bis 359 Millionen Jahren) entwickelten sich in seinen seichten Zonen hohe Korallenriffe, die heute die Felsmauern des Biegengebirges, der Hohen Warte und der Seewarte bilden. Gleich daneben findet man Sedimente der Tiefsee – ein weltweit höchst außergewöhnlicher Kontrast.
Dies sind die ältesten Sedimentgesteine der Alpen, die im weiteren Verlauf der Erdgeschichte nicht metamorphisiert wurden – daher findet man darin unzählige Fossilien von Muscheln, Schnecken, Seelilien oder Orthoceren (Geradhörnern). Neben dem Geotrail, der vom Wolayer See zum Rauchkofel emporzieht, findet man auch die zweitältesten Gesteine der Region. Nahe einem verfallenen Laufgraben aus dem Ersten Weltkrieg grenzen die 450 Millionen Jahre alten, hellgrauen Wolayer Kalke an die um 20 Millionen Jahre jüngeren, bräunlich gefärbten Kok-Kalke; die „Ablagerungspause“ dazwischen erklärt man sich mit ihrer zeitweiligen Hebung über das Wasser.
Besonders fasziniert ein Felsblock, der ein gutes Stück abseits des Geotrails aus einer Felswand gestürzt und auf ungefähr 2100 Metern Seehöhe liegen geblieben ist: Er erweist sich als ein wahrer Friedhof versteinerter Orthoceren. Auf dem grauen Gestein sind die Kammern ihrer spitzkegeligen, an Schultüten oder Zauberhüte erinnernden Schalen, die (anderswo) Längen bis zu neun Meter erreichten, gut zu erkennen. Diese Kopffüßler, längst ausgestorbene Verwandte der Tintenfische, lebten in der größten dieser Kammern, die mit Stickstoff gefüllt war, und konnten durch den Gasaustausch dazwischen per Rückstoß schwimmen, absinken, aufsteigen oder einfach nur dahinschweben.
Charakter
Mittelschwere Bergwanderung auf markierten Pfaden; Abstecher zum „Orthoceren-Friedhof“ auf kaum markierten Pfadspuren bzw. weglos (guter Orientierungssinn notwendig). Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeit: Wolayerseehütte, Gasthof Untere Valentinalm.
Region
Karnische Alpen / Kärnten / Österreich
Start/Ziel
Gasthof Untere Valentinalm (1205 m), beschilderte Zufahrt von der Plöckenpass-Straße ab Kötschach-Mauthen.
Zufahrt auch mit dem Alm-Taxi möglich.
Bahn/Bus
Busverbindung (Linie 5058) im Sommer von Kötschach-Mauthen zum Plöckenhaus, von dort zu Fuß 0:45 h.
Schwierigkeit
Mittelschwere Bergwanderung
Rundtour
16.7 km
Gehzeit
7:30 h
Höhenunterschied
1450 hm 1450 hm
Karte
KOMPASS Wanderkarte 47
Literatur
KOMPASS Wanderführer 5633 Karnischer Höhenweg
Wegbeschreibung
Vom Gasthof Untere Valentinalm führt der gut beschilderte Karnische Höhenweg (Nr. 403) hinauf zur Oberen Valentinalm (1540 m) und am Fuße der Kellerwand weiter zum Valentintörl (2138 m). Jenseits wandern wir auf dem Pfad durch ein Kar zum wunderbar am Fuße des Biegengebirges gelegenen Wolayer See hinab und zur Wolayerseehütte (1967 m) hinunter; 3:30 h.
Von der Wolayerseehütte steigen wir auf dem Pfad Nr. 438 auf den Rauchkofel (2460 m); 1:30 h.
Abstieg zunächst wie Aufstieg; unterhalb des Gipfels zweigt der anspruchsvollere Pfad Nr. 437 dann links zum Valentintörl ab; er führt durch eine steile Blockrinne (Sicherungen). Zuletzt folgen wir dem Karnischen Höhenweg links wieder bis zum Gasthof Valentinalm hinab; 2:30 h.
Anspruchsvoller Abstecher: Zum Felsblock mit dem „Orthoceren-Friedhof“ zweigt man gut 200 m unterhalb des Valentintörls rechts ins weglose Gelände ab; er liegt etwa 200 m oberhalb eines Regenmessers. Hin und zurück zusätzlich ca. 1:00 h. Man kann von dort weglos durch teils sehr steiles Grasgelände zum Pfad Nr. 437 und rechts auf den Rauchkofel ansteigen; ca. 1:45 h vom Valentintörl.
Gleich am Beginn der Tour reckt sich die urgewaltige Kellerwand (2774 m) in Pose.
Oberhalb des Valentintörls genießt man diesen Prachtblick zum Wolayer See und zum Biegengebirge mit der 2554 m hohen Seekopf.
Auf diesem Felsblock abseits der markierten Pfade oberhalb des Wolayer Sees …
… findet man wunderschöne Versteinerungen von Orthoceren (Geradhörnern), die vor ca. 420 Millionen Jahren im Meerwasser gelebt haben.
Auf dem Weg zum Rauchkofel …
… passieren wir die ältesten Gesteine in diesem Gebiet. Dunkler Himmelberg-Sandstein und heller Wolayer Kalk wurden vor etwa 450 Millionen Jahren in einem Meer abgelagert.
Nicht nur mittlerweile versteinerte Lebewesen, sondern auch dunkle Eisen- und Mangankrusten entwickelten sich vor 430 Millionen Jahren auf dem Meeresboden.
Beim Abstieg vom Rauchkofel schweift der Blick wieder zur Kellerwand.
Die Hohe Warte vis-à-vis des Rauchkofels.
Beim Abstieg geht’s noch einmal durch sehr altes, rötlich gefärbtes Kalkgestein.